Ringen um Olympia

Bezüglich der Winterspiele 2022, für die München veranstalten will, schlagen zwei Seelen, ach, in meiner Brust. Heute ist nun die Abstimmung, ob die Bewerbung eingereicht wird. Heute früh sinnierte ich vor mich hin und dachte an die beiden Seiten der Medaille (aus meiner Sicht).

Erstens: die Gewohnheit, das Herz. Die schönen Erinnerungen an gemeinsame, gemütliche Stunden vorm Fernseher, in denen man mitgefiebert hat mit den Athleten. Ach was: „hat“. Daran wird sich in Zukunft auch nichts ändern. Als ich klein war, war ich traurig, dass ich 1972 noch nicht auf der Welt war. Olympia in meiner Stadt! Und ich konnte nicht dabei sein. Natürlich herrscht auf dieser Sportveranstaltung heute, wie überall sonst auch, König Kommerz, aber es ist trotzdem etwas Besonderes. Die Chance ist wieder da: Olympia in der eigenen Stadt

Zweitens: der Umweltaspekt. Olympia ist eine ungeheure Materialschlacht, mehr muss man dazu nicht sagen.

So war es für mich eigentlich klar, dass in meinem Gewissensolympia die Vernunft siegt, doch dann blitzte folgender Gedanke auf: es ist keine Entscheidung für oder gegen Olympia per se. Eigentlich klar, aber irgendwie ist mir das erst in letzter Sekunde klar geworden. Olympia ist eine ungeheure Materialschlacht, wie erwähnt, und wenn in neun Jahren noch keine Weltkriege um die Nahrung und Ressourcen geführt werden, werden diese Winterspiele stattfinden.

Von dem ökologischen Standpunkt aus muss die Entscheidung also von noch einer anderen Seite betrachtet werden: an welchem Austragungsort richten die Spiele den geringsten Schaden für die Umwelt vor Ort und das Klima weltweit an? Geht man danach, ist eine simple Entscheidung gegen München (als Eingeborener) nur ein Anrufen des heiligen St. Florian („Verschon mein Haus“, usw.). Vor dem „Hintergrund“ Sotschi und Pyeongchang ist das vielleicht keine so gute Idee.

Schnell die Zeitung durchgeblättert, die Mitbewerber sind also: Almaty, Kasachstan; Lemberg, Ukraine; Peking, China; Oslo, Norwegen. Ein Lichtblick, letzteres. Und angeblich hat es gute Chancen. Wäre es aber nicht besser, zwei Bewerber zu haben, die vielleicht ein wenig den Anspruch haben, die Veranstaltung nicht zum ökologischen Desaster werden zu lassen?
Ein paar Stunden habe ich noch Zeit zu sinnieren. Es ist nur eine Stimme von sehr vielen. Allerdings: gäbe es einen generellen, weltweiten Bürgerentscheid Pro oder Contra Olympische Spiele im Allgemeinen, würde ich sofort, wenn auch mit etwas schwerem Herzen, dagegen stimmen.